Stolpersteine bei der Plastikrevolution

Probleme beim Wechsel vom Zelluloid- zum Plastikball / Keine einheitliche Lösung für Vereine wie die TTF

Nicht selten in den vergangenen 15 Jahren hat sich das Regelwerk im Tischtennis geändert: kürzere Sätze, größere Bälle, andere Aufschläge, kein Frischkleben mehr. Zur kommenden Spielzeit wird diese Entwicklung fortgesetzt: Mit dem 1. Juli verändert sich einmal mehr das Spielgerät. Diesmal nicht in seiner Größe, sondern in seiner Beschaffenheit. Die Verwendung von Zelluloidbällen wird in der kommenden Saison nicht mehr erlaubt sein, stattdessen wird der Ball nun aus Plastik gefertigt.
Eine Begründung dafür sah der internationale Tischtennis- Verband, die ITTF, in der Produktion der Zelluloidbälle, die aus gesundheitsschädlichen Gründen in gleich mehreren Herstellerländern verboten wird. Der Beschluss stammt aus dem Jahr 2012.

Das zumindest ist die Kurzfassung der neusten von zahlreichen Regeländerungen im Tischtennissport in der bloßen Theorie. In der Praxis sieht diese Neuerung anders aus – und zwar deutlich komplizierter und problembehafteter. Denn während der Weltverband die Einführung des Balls für seine Wettbewerbe durchweg verpflichtend eingeführt hat und Topathleten wie Timo Boll ab heute ausnahmslos zum Plastikball greifen werden, gilt dies für den Deutschen Tischtennis- Bund (DTTB) und dessen Landesverbände nicht derart absolut. Und genau dort beginnen die Probleme – unter anderem auch für die TTF Bönen, ihre Regionalliga- Mannschaft und den übrigen Spielbetrieb. In den Ligen, die dem DTTB unterstellt sind, zu denen auch die Regionalliga gehört, ist die Einführung des Plastikballs nicht obligatorisch. Sie wird lediglich vom Verband empfohlen, ehe ab der Saison 2015/2016 ausschließlich mit  der Plastikversion gespielt  wird. Die kommende Saison ist gedacht als Übergangsjahr, in dem Industrie und  Vereine Restbestände des alten Spielgeräts aufbrauchen. Aus der genannten Empfehlung  seitens des DTTB aber  machen die betreffenden Klubs jedoch Unterschiedliches. „Stand heute tendieren fünf Vereine in unserer Liga dazu, den alten Ball zu verwenden, und fünf dazu, den neuen Ball zu verwenden“, sagt TTF-Trainer Walter Darenberg, dessen Klub sich eigenständig bei der Konkurrenz umgehört hat. „Wir möchten natürlich dahin kommen, dass in unserer Liga ein einheitlicher Ball benutzt wird. Darum kümmert sich der Verband aber nicht.  Das geht wenn nur über Eigeninitiative.“ Seine TTF haben selbst bislang keine Entscheidung getroffen: „Wir wissen heutenicht schlussendlich, mit welchem Ball wir mit unserer Regionalliga-Mannschaft in die Saison starten – dabeisind es eigentlich nur noch  wenige Wochen bis zum Start“, sagt Darenberg über das Aushängeschild der TTF.  Für die könnte sich in der kommenden Spielzeit eine skurrile Situation einstellen. Und zwar die, dass die Bönener Akteure Woche für Woche gegen ein anderes Spielgerät schlagen müssten. „Die beiden Bälle bringen aber wohl vollkommen andere Spieleigenschaften mit sich. Das heißt eigentlich, dass es eine mittelschwere Katastrophe wäre, wenn man immer wieder wechseln müsste mitten in der Saison“, so Darenberg über das neue Spielgerät, das dem Vernehmen nach weniger Rotation, dafür aber mehr Tempo annehmen wird. Die Argumente für und gegen den neuen Ball halten sich derzeit die Waage. Gegen ihn spricht, dass er noch immer nicht in ausreichender Anzahl und Qualität im Markt angeboten wird. „Wir kämen derzeit nicht an die  Bälle“, sagt Darenberg mit Blick auf eine sinnvolle Saisonvorbereitung seiner Mannen. Zudem steht er vor dem Problem, dass innerhalb des Vereins womöglich mit zwei verschiedenen Versionen gespielt würde. „Das macht einen Trainingsbetrieb nicht einfacher“, so Darenberg.
Daraus schlusszufolgern, dass Bönen und andere Vereine einfach weiterhin zur alten Kugel greifen sollten, aber bietet auch seine Tücken. Denn derzeit ist vom  DTTB und dem Westdeutschen Tischtennis-Verband (WTTV) vorgesehen, dass alle Wettbewerbe auf Bundesund Landesebene ab dem 1. Juli mit dem neuen Plastikball ausgetragen werden. Für Bönens Talent Nils Maiworm würde das etwa heißen, dass er bei Mannschaftsspielen und Einzelturnieren immer zwischen neuem und altem Ball wechseln müsste. „Eigentlich haben wir derzeit nur die Möglichkeit, uns zwischen zwei schlechten Varianten zu entscheiden“, sagt Darenberg.

Welche Lösungen gibt es?  „Entweder es wird uns garantiert, dass die neuen Bälle in absehbarer Zukunft in größeren Mengen produziert werden können, oder der DTTB nimmt Abstand von seiner Entscheidung, seine Turniere und Ranglisten mit dem neuen Ball auszutragen. Dann könnten wir vorerst beim alten Ball bleiben“, so Darenberg. Keine der beiden Entscheidungen  liegt derzeit in Sichtweite. „Das ist natürlich eine unzufrieden stellende Situation, zumal der Informationsfluss  doch sehr dürftigist“, sagt Darenberg. „Die kommenden Wochen werden für uns sehr spannend. Wir wissen selbst nicht, was passiert.“

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