BÖNEN – Franz-Josef Hürmann ist wieder auf Tour. Der Altmeister der TTF Bönen geht ab Montag bei den Europameisterschaften der Senioren in Tampere an die Tische.
Doch Hürmann wäre nicht Hürmann, wenn er sich mit dem bloßen Start bei den kontinentalen Titelkämpfen in den Tiefen Skandinaviens zufrieden gäbe. Der Globetrotter bereiste die über 600 Kilometer lange Strecke mit dem Fahrrad – zumindest überall dort, wo er festen Boden unter den Füßen hatte.
Dem ehemaligen Bundesligaspieler, damals noch in Diensten des TTC GW Bad Hamm, kamen die Meisterschaften in Finnland gerade recht. Mit ihnen hatte er nicht nur den Anlass, sondern auch die Richtung eines Trips gefunden, den er bereits vor knapp zwei Wochen von seinem Wohnort Hamm aus auf sich genommen hat.
„Die Euros sind ja im Grunde nur ein Ziel unter vielen kleinen auf dem Weg“, sagt Hürmann, der bereits im vergangenen Jahr bei einer mehrwöchigen Reise durch seine frühere Wahlheimat Amerika seine Leidenschaften Reisen und Tischtennis miteinander verbunden hatte.
Auch diesmal ging es dem TTFler nicht allein um das sportliche Kräftemessen auf internationaler Bühne, ihm war vor allem das Erlebnis der damit verbundenen Tour wichtig. Und dafür brauchte es – anders als beim Großteil der übrigen Starter, auf die Hürmann ab Montag treffen wird – eben mehr als Schläger, Schuhe und Trikot im Gepäck: Neben dem sorgsam behüteten Racket hatte das obligatorische Flickzeug für die Reifenpanne dort ebenso seinen Platz wie Equipment, das Hürmann auch eine Übernachtung im Freien ermöglichen würde. In seinen Satteltaschen hatte er für alle Eventualitäten vorgesorgt.
Lengerich, Bremen, Hamburg und Travemünde waren Hürmann Stops, bevor er mit der Fähre in die finnische Haupt- und Hafenstadt Helsinki übersetzte. In Lengerich, südlich von Osnabrück besuchte er Freunde, in Bremen dann gar ein neues Familienmitglied: Sein Sohn war erst vor drei Monaten Vater seiner jüngsten Tochter Hanna geworden – und Hürmann damit frisch gebackener Großvater. „Da habe ich ein paar Tage den Opa gespielt. Es war toll.“ Das letzte Wochenende verbrachte er in Hamburg, von dort ging es mit dem Rad in Richtung Ostsee, wo er am Mittwoch in aller Frühe die Fähre gen Helsinki bestieg. Die letzten knapp 200 Kilometer bis Tampere ist Hürmann dann „gemütlich angegangen“.
Denn dort wartet heute der nächste Höhepunkt auf Hürmann. Nein, nicht etwa schon die Europameisterschaften – sondern seine Cousine. „Sie lebt in Tampere – und zwar schon seit ungefähr 50 Jahren. In all der Zeit hatten wir kaum Kontakt, wie das manchmal so ist mit der Verwandtschaft. Ich habe ihre Adresse ausfindig gemacht und geschrieben. Sie ist aus allen Wolken gefallen. Sie freut sich, mich wiederzusehen“, sagt Hürmann.
Tischtennis wird im Anschluss dann auch noch gespielt – und das nicht nur irgendwie. Die ‚European Veterans Table Tennis Championships“ gehören zu den größten Turnieren des Kontinents. Über 1800 Starter haben für Tampere gemeldet, darunter etliche ehemalige Profis wie der Russe Dmitry Mazunov in der Herren-40-Klasse oder der Österreicher Ding Yi in der Herren-50-Klasse. In Hürmanns Ü 65 ist der Däne Claus Pedersen topgesetzt, der einst gemeinsam mit dem Bönener für den TTC GW Bad Hamm spielte. Gewissermaßen ein alter Bekannter. Hürmann geht als amtierender westdeutscher Meister seiner Altersklasse an den Start. Bei den Deutschen Meisterschaften im Mai in Bielefeld reichte es für den ehemaligen Bundesliga-Spieler zwar nur für den Sprung ins Achtelfinale, bei der EM aber möchte sich Hürmann wieder teurer verkaufen. Als Kopf der Gruppe 12 trifft er auf den Grigory Karpenko (Russland), Claude Mecene (Frankreich) und Hannu Kajander (Finnland) – und hofft, als Gruppensieger ins Hauptfeld zu springen. „Ich bin gespannt, zu was es reicht. Das Starterfeld ist nicht nur groß, sondern meistens auch gut“, so Hürmann.
Ob mit oder ohne sportliche Meriten im Gepäck: Nach den Titelkämpfen wird sich der TTFler wieder aufs Fahrrad schwingen – und noch einige Tage weiterstrampeln. „Der Plan ist, dass ich noch gute zwei Wochen Land und Leute per Rad kennenlerne“, so der Landesliga-Akteur. Nicht ausgeschlossen, dass Hürmann auch in den finnischen Wäldern einen Tischtennistisch ausfindig macht. Den Schläger hätte er ja zumindest immer mit in der Fahrradtasche.