Mit dem Schläger durch New York

INTERVIEW Der Bönener Franz-Josef Hürmann reist drei Monate durch die USA und nutzt Tischtennis als Türöffner
BÖNEN _ Erstmals seit drei Monaten betrat Franz-Josef Hürmann am vergangenen Donnerstag wieder deutschen Boden. Knapp drei Monate reiste der Routinier der TTF Bönen durch seine einstige Wahlheimat, die USA. Dort hatte Hürmann in den 70er Jahren zunächst studiert, schließlich fünf Jahre lang gelebt, geheiratet – und sich nicht zuletzt in der amerikanischen Tischtennis-Szene einen exzellenten Namen gemacht.
Der heutige Verbandsliga-Akteur der Bönener Reserve und ehemalige Bundesliga-Spieler für den TTC GW Bad Hamm siegte unter anderem 1977 bei den U.S. Closed, den geschlossenen amerikanischen Meisterschaften, und scheiterte im selben Jahr – als Ehemann einer Amerikanerin ausgestattet mit einer Green Card – nur knapp am Sprung in die amerikanische Nationalmannschaft. In den vergangenen drei Monaten machte sich Hürmann auf seiner Reise durch den Norden des Landes nun auf die Suche nach alten Weggefährten wie seinem ehemaligen Mannschaftskollegen in Hamm, der amerikanischen Tischtennis-Legende Eric Boggan.
Aber der Defensivspezialist knüpfe auch etliche neue Bekanntschaften – und das vor allem deshalb, weil er seinen Tischtennis-Schläger stets im Reisegepäck hatte. Der WA sprach mit dem heute 64-Jährigen:
Herr Hürmann, eine dreimonatige Reise in wenigen Worten zusammenzufassen, ist sicherlich kein Leichtes. Trotzdem ein Versuch: Wie ist es Ihnen ergangen? Wie ist ihr Fazit?
Franz-Josef Hürmann:
Ich muss ehrlich sagen: Noch bin ich ziemlich platt und gerade die Zeitumstellung steckt mir noch in den Knochen. Aber ich kann jetzt schon festhalten: Es war eine sensationelle Erfahrung und hat meine Erwartungen übertroffen.
Amerika und Tischtennis, das haben Sie ja in der Vergangenheit schon einmal erfolgreich kombiniert. Hat denn der Sport auf Ihrem Trip diesmal überhaupt eine Rolle gespielt?
Hürmann:
Ach, witzigerweise sogar eine ziemlich große. Ich habe an fast jedem Ort, an dem ich war, auch mal zum Schläger gegriffen. In New York und Chicago, in Boston, in Phoenix und Salt Lake. Nicht nur und nicht immer wegen des Sports allein. Es war vielmehr wieder beeindruckend zu sehen, was Sport und was Tischtennis für ein Türöffner sein können, um Bekanntschaften zu knüpfen und Dinge zu erleben, die man ansonsten nie gesehen hätte. Gerade in Amerika bei all den Sportverrückten!
Zum Beispiel?
Hürmann:
In meinen Wochen in New York, in denen ich direkt in Manhattan gewohnt habe, habe ich etwa den Wang Chen’s Table Tennis Club ausfindig gemacht, direkt zwischen Broadway und West End Avenue. Ich bin einen Abend hingefahren, um mir das mal anzuschauen. Der Club gehörte einer ehemaligen Olympionikin, die Regale waren bis zur Decke voller Pokale. Dort bin ich mit einem gewissen Dennis ins Gespräch gekommen. Ein Hobbyspieler der dafür gesorgt hat, dass ich noch mal ins amerikanische Turniertischtennis eingestiegen bin.
Wie das?
Hürmann:
Er hat mir vom monatlichen Turnier des Westchester Table Tennis Centers erzählt, das ein Wochenende später stattfinden werde. 6500 Dollar Preisgeld, ein riesiges Starterfeld mit den besten Spielern des Landes. Ich habe mich angemeldet und bin da eine dreiviertel Stunde mit dem Zug hin. Das hat sich gelohnt! Ich konnte nicht fassen, was dort für eine Anlage aufgebaut war. 16 Turniertische, dazu zehn Trainingstische und überall gute Spieler, zumeist Asiaten. Da war die Hölle los!
Und hat sich die Teilnahme gelohnt?
Hürmann:
Gleich in mehrfacher Hinsicht. Am Samstag habe ich das Ü 40-Turnier gewonnen, am Sonntag bin ich in der Klasse bis 2500 Punkte im Viertelfinale ausgeschieden. Ich hatte noch ein Ranking von meinem letzten USA-Trip. Verloren habe ich übrigens gegen eine 13-Jährige. Amy Wang, eines der größten Talente im Tischtennis dort. Und zu meinem Leid hatte die Kleine ihren Papa an der Bande sitzen. Der hat ihr nach und nach erklärt, wie man gegen mein Spiel gewinnen kann. (lacht)
Wie haben Sie den Tischtennis- Sport denn sonst in Amerika erlebt?
Hürmann:
Es ist nach wie vor anders als in Deutschland. In New York, einem Ballungsraum mit sieben Millionen Einwohnern, gibt es ein paar hundert Spieler. Es gibt keine Vereine, dafür hier und da Clubs, die ein paar Tische irgendwo stehen haben, an denen man für zehn Dollar in der Stunde spielen kann. Dort gibt’s dann eine lebhafte Community.
…und in die haben Sie sich selbst auch mal wieder begeben?
Hürmann:
Genau, da kommt dann eins zum anderen. In Boston habe ich in einem Vorort echtes Garagentischtennis gespielt, in Salt Lake mit einem Arbeitskollegen meines Sohns Noel in einem Bürokomplex, in New York dann im ‚Spin Club‘, einer schillernden Bar mit Tischtennis- Tischen, die Hollywood- Schauspielerin Susan Sarandon gehört, und mit meinem alten Buddy Eric Boggan im Keller eines riesigen Hauses, das einem Bekannten von ihm gehörte – einem dieser Tischtennisverrückten.
Sie haben also alte Weggefährten ausfindig gemacht?
Hürmann:
Ja, das hat geklappt. Vor allem eben Eric, seinen Vater, der ehemals Präsident des US-Verbands war, und seinen Bruder Scott, der auch in der deutschen Bundesliga gespielt hat. Das war ein wahnsinniges Erlebnis. Wir hatten viel zu besprechen miteinander. Und ein kleines Versprechen konnte ich ihm auch abgewinnen: Vielleicht kommt er nächstes Jahr für ein paar Wochen nach Deutschland. Ich sehe mal zu, dass ich ihn in Bönen auf den Meldebogen bekomme. Dann laufen wir noch einmal zusammen auf.

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