Noch kann ich es gar nicht recht begreifen, dass es jetzt bald zu Ende sein soll.

Nach 4000 Kilometern durch die USA am Ziel Bönens Tischtennis-Altmeister Franz-Josef Hürmann hat bei seiner unglaublichen Fahrradtour die Atlantikküste erreicht
Von Jan Lüke
WILMINGTON  :  Franz-Josef Hürmann hat sein Ziel erreicht. Am vergangenen Donnerstag um 16.15 Uhr hat der Altmeister der TTF Bönen in der Hafenstadt Wilmington im US-Bundesstaat North Carolina den Atlantik erreicht. „Ich habe erst mein Fahrrad und dann mich in den Atlantik getaucht“, erzählt Hürmann. „Meine kleine Zeremonie wurde sogar von einem Passanten beklatscht, als ich ihnen meine Geschichte erzählt habe.“
Hürmanns Geschichte ist Beifall wert: Vor fast sechs Monaten ist der Landesligaspieler der Tischtennisfreunde mit dem Fahrrad in seiner Heimatstadt Hamm aufgebrochen, war von dort bis ins italienische Genua geradelt, mit einem Containerschiff einen Monat lang nach Kalifornien an der Westküste der USA übergesetzt und von dort mit dem Fahrrad weiter nach Las Vegas zu den Senioren-Weltmeisterschaften gereist. Dort gewann Hürmann im Juni sensationell zwei Medaillen.
Das größte Abenteuer seiner USA-Reise aber begann erst danach: Der ehemalige Bundesligaspieler durchquerte beinahe die ganzen Vereinigten Staaten von Amerika „from coast to coast“ – von der Westküste zur Ostküste. Von Provo im Bundesstaat Utah, wo sein Sohn Noel lebt, hat Hürmann seit August knapp 4000 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. 800 Kilometer davon durch die Rocky Mountains, wo Hürmann unter anderem einen fast 4000 Meter hohen Pass überquerte. Manche seiner Tagesetappen waren 150 Kilometer lang.
In der vergangenen Woche sah er schließlich sein Ziel vor Augen: den Atlantik. „Der Kreis ist fast geschlossen“, sagt Hürmann. Nur „fast“ deshalb, weil Hürmann in Wilmington erneut ein Schiff bestiegen hat, das ihn nach Europa bringt. „Ich sehne mich nach Ruhe und ein paar Tage Nichtkümmern. Ich werde wohl einfach ins Wasser starren und mich ganz langsam bewegen“, sagt Hürmann und lacht.
Denn wenn er Ende Oktober von Bord geht, wohl in Hamburg, muss es noch mal schnell gehen: Hürmann plant drei weitere Tage ein, um nach Hamm zurückzukommen – natürlich wieder mit dem Fahrrad. Sein Ziel ist der 3. November: Dann spielt seine Mannschaft, die TTF Bönen II, in der Landesliga beim TV Geseke. „Da will ich an der Platte stehen und endlich wieder Tischtennis spielen“, sagt Hürmann.
Tischtennis hatte Hürmann in seinen ersten Reisewochen im Mai und Juni sehr intensiv begleitet. Vor der WM suchte Hürmann allenthalben Trainingsmöglichkeiten – und besuchte etwa seinen alten Bekannten, den ehemaligen Weltmeister Stellan Bengtsson, in San Diego und das Tischtennis-Center des ehemaligen Bundesligaspieler Stefan Feth in der Bay Area.
Zuletzt aber hatte Hürmann seinen Schläger selten in der Hand. Dafür erlebte er andere Kuriositäten: Hürmann stoppte etwa in Chattanooga, der Partnerstadt von Hamm. Dort hat er dem Sheriff persönlich Grüße aus seiner Heimatstadt überbracht. „Der Sheriff ist hier nach dem Bürgermeister die wichtigste Person“, erzählt Hürmann. Und er traf auch ein bisschen Heimat in Chattanooga: Hürmann begleitete eine Gruppe von Austauschschülern aus Hamm, die sich zufällig gerade in Chattanooga aufhielt – natürlich bei einer Fahrradtour. „Wie sich die Dinge manchmal gefügt haben, ist schon irre.“
Die letzte Station seiner USA-Reise konnte Hürmann dann noch mal vollauf genießen: „Wilmington ist ein Surferparadies mir coolen Kneipen und noch cooleren Typen“, sagt der 68-Jährige. Zum Abschluss stand eine abendliche Bootsfahrt unter sternenklarem Himmel auf dem Programm. „Gibt’s einen besseren Abschied nach einer solchen Reise!?“ „Noch kann ich es gar nicht recht begreifen, dass es jetzt bald zu Ende sein soll“, fügt Hürmann an.
Er wird es spätestens realisieren, wenn er am 3. November erstmals wieder für die TTF Bönen an spielt. Und falls die Zeit für die letzte Etappe doch knapp werden sollte, müsste Hürmann beim Auswärtsspiel in Geseke eben direkt mit dem Fahrrad vorfahren. Zu seinem ungewöhnlichen Trip würde das jedenfalls passen.